Gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit: Abgrenzung

Leistungsbeschreibung

Wer sich selbstständig macht, betreibt entweder ein Gewerbe oder gehört zu den Freien Berufen. „Die Freien Berufe haben im allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönlich, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt“ (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz - PartGG). Die Unterscheidung zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit ist wichtig, da für die freien Berufe einige Besonderheiten, wie z.B. für einige Berufsgruppen eigene Berufsrechte, gelten.

Für freie Berufe ist beispielsweise keine Gewerbeanmeldung erforderlich. Neben der Einkommen­steuer und unter bestimmten Umständen auch der Umsatzsteuer, müssen Freiberufler keine Gewerbesteuer zahlen.

Zeigen Sie die geplante freiberufliche Tätigkeit spätestens vier Wochen nach Aufnahme der Tätigkeit dem Finanzamt formlos an.

Als Ausübung eines Freien Berufs werden selbstständige wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten verstanden. Zu den Freien Berufen zählen in erster Linie die sogenannten Katalogberufe, wie Ärzte, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater, Architekten, Ingenieure, Journalisten, die in § 18 Absatz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz (EStG) aufgeführt sind. Aber auch die Ausübung eines den Katalogberufen ähnlichen Berufs ist eine freiberufliche Tätigkeit. Die Abgrenzung ist im jeweiligen Einzelfall nach der konkreten Tätigkeit vorzunehmen, wobei ein wesentlicher Punkt die persönliche Qualifikation für diese Tätigkeit ist.

Bei der Beurteilung, ob eine künstlerische Tätigkeit freiberuflich und nicht gewerblich ausgeübt wird, kann in Zweifelsfällen die Anhörung eines Sachverständigen hilfreich sein.

Bevor Sie allerdings zum Finanzamt gehen, sollten Sie anhand von 8 Fragen, die durch den Bundesverband der Freien Berufe erarbeitet wurden, selbst prüfen, ob Sie die Voraussetzungen für eine freiberufliche Tätigkeit erfüllen. Nur wenn Sie diese Fragen alle mit „Ja“ beantworten können, ist davon auszugehen, dass Sie die Voraussetzungen erfüllen.

  1. Können Sie für Ihre Tätigkeit eine ausreichende berufliche Qualifikation nachweisen (ähnlich den „Katalogberufen“)?
  2. Erbringen Sie geistig-ideelle Leistungen (z.B. Heilung von Kranken, Rechtsberatung, statische Berechnungen usw.)?
  3. Besteht zu den Leistungsnehmern ein gegenseitiges und auf Dauer angelegtes Vertrauensverhältnis (als
    Voraussetzung für Ihre Unabhängigkeit von Weisungen)?
  4. Ist dieses Vertrauensverhältnis auf einer freien Wahlentscheidung der Leistungsnehmer begründet?
  5. Erbringen Sie die Leistungen persönlich (und lassen Ihre Tätigkeiten nicht von Ihren Mitarbeitern erledigen)?
  6. Sind Sie eigenverantwortlich tätig?
  7. Sind Sie in Ihrem Unternehmen leitend tätig?
  8. Treffen Sie fachliche Entscheidungen frei und unabhängig?

Als wesentliches Abgrenzungsmerkmal einer freiberuflichen gegenüber einer gewerblichen Tätigkeit zählen die persönliche Qualifikation und die geistig-ideelle Arbeitsleistung. Sind Freiberufler aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortlich tätig, führt auch die Mitwirkung von angestellten Mitarbeitern oder anderen Freiberuflern nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit.

Lassen Sie sich zu diesen und anderen Fragen von Ihrem Steuerberater oder Rechtsanwalt beraten. Auch das Institut für Freie Berufe Nürnberg (IFB) gibt nähere Auskünfte. Nähere Informationen über die Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit hält die Broschüre "Freier Beruf oder Gewerbe?" des IFB für Sie bereit.

Gemischte Tätigkeiten
Es gibt auch die Möglichkeit, nebeneinander sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit auszuüben. Demnach können Einkünfte sowohl aus selbstständiger Arbeit im Sinne von § 18 Absatz 1 Nummer 1 EStG als auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von § 15 EStG erzielt werden.

Um die Art Ihrer Einkünfte steuerrechtlich einzustufen, unterscheidet das Finanzamt im Falle eines Einzelunternehmers zwischen trennbar und untrennbar gemischten Tätigkeiten.

Trennbar gemischte Tätigkeiten
Übt ein Freiberufler sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, sind diese steuerlich getrennt zu behandeln. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn zwischen den beiden Bereichen kein Zusammenhang besteht (sogenannte gemischt-trennbare Tätigkeit).

Um den freiberuflichen Bereich von dem gewerblichen zu trennen, ist Folgendes empfehlenswert:

  • getrennte Buchführung
  • getrennte Bankkonten
  • räumliche Trennung der Betriebe oder zumindest Trennung der Warenvorräte

Allgemeine Betriebsausgaben können hingegen durch Schätzung aufgeteilt werden.

Untrennbar gemischte Tätigkeiten
Untrennbar gemischte Tätigkeiten liegen dann vor, wenn sich die Einkünfte aus verschiedenen Erwerbsquellen nicht trennen lassen und sich die einzelnen Tätigkeiten gegenseitig bedingen, da ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen ihnen besteht. Sind die Tätigkeiten derart miteinander verknüpft, entscheidet bei einem Einzelunternehmer das Gesamtbild seiner Tätigkeit über die Einstufung als freiberuflich oder gewerblich. Das Gesamtbild ergibt sich dabei nicht aus den Anteilen der Tätigkeiten am Umsatz oder Gewinn, sondern aus der Tätigkeit, die die Gesamttätigkeit prägt.

Eine gewerbliche Tätigkeit wird angenommen, wenn

  • der Betrieb nach außen hin als eine Einheit auftritt und sich die freiberufliche Tätigkeit als Nebenprodukt der gewerblichen Tätigkeit darstellt oder
  • ein einheitlicher Erfolg beziehungsweise eine einheitliche Leistung geschuldet wird und in der gewerblichen Tätigkeit auch freiberufliche Elemente enthalten sind.

Besonderheiten für Personengesellschaften
Bei Personengesellschaften (OHG, KG, GbR) gilt die "Abfärbetheorie", wonach die Tätigkeit der Personengesellschaft insgesamt als gewerblich angesehen wird, wenn sie neben einer freiberuflichen Tätigkeit auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Die „Abfärbetheorie“ kommt jedoch dann nicht zur Anwendung, wenn die gewerbliche Tätigkeit nur einen äußerst geringen Umfang hat. Hierfür hat der Bundesfinanzhof (BFH) Abgrenzungskriterien (Bagatellgrenzen) entwickelt: Danach liegt ein äußerst geringer Umfang vor, wenn die gewerblichen Umsätze nicht höher sind als 3 % der Gesamtnettoumsätze der Personengesellschaft und den Betrag von 24.500 € nicht übersteigen (Urteile des BFH vom 27. August 2014 – Az.: VIII R 6/12, VIII R 16/11 und VIII R 41/11).

Freie Mitarbeit
Eine freiberufliche Tätigkeit ist aber nicht mit einer freien Mitarbeit gleichzusetzen. Informationen über die Unterschiede der beiden Tätigkeitsformen finden Sie in dem Informationsblatt "Unterscheidung: Freie Mitarbeit und Freier Beruf" des IFB.

Quelle: Zuständigkeitsfinder Thüringen (Linie6PLus)

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